Aus meiner Biografie „Der Engel mit der Peitsche“ Leseprobe bezüglich Stalking

Eine Diskussion auf Facebook veranlasst mich, wieder einmal auf meine tragischen Erlebnisse mit einem Stalker zu verweisen.

Über 13 Jahre wurde ich von einem Psychopathen verfolgt, der dann auch kurzzeitig eingesperrt worden war, aber sogar vom Gefängnis aus mich weiter belästigte. Heute gibt es den Stalker Paragraphen, aber die Belastung, der man ausgesetzt ist, bis eventuell das Gesetz greift, ist unbeschreiblich.

Ich versprach der Diskussionsrunde auf Facebook diese Kapitel meiner Autobiografie „Der Engel mit der Peitsche“ hier zu veröffentlichen.

Wie es danach weiterging, lesen Sie im Buch.

 

Hier die versprochene Leseprobe, eine weitere finden Sie hier

In diesem Jahr fiel der österreichische Staatsfeiertag, der am 26. Oktober begangen wird, auf einen Montag. Ich hatte mir schon lange kein freies Wochenende mehr gegönnt und beschloss, den Feiertag zu nützen und mit Mortimer ein paar Tage zu verreisen. Ich wollte ihm mein München zeigen, das sich uns in warmem Herbstsonnenschein präsentierte. Als wir uns am Abend fertig machten um auszugehen, rief Otto mich auf meiner Mobilnummer an: „Wann soll ich vorbeikommen?“ – „Erst am Dienstag“, sagte ich, „Ich bin nicht in Wien.“ Er klang enttäuscht, verabschiedete sich jedoch höflich. Mortimer und ich gingen essen, schauten danach noch in einer Tanzbar vorbei und kamen gut gelaunt und etwas beschwipst wieder in meiner Wohnung an. Mein Mobiltelefon läutete – nanu, was wollte Otto schon wieder? „Sie sind weggefahren und haben mich alleine gelassen“, jammerte er ins Telefon. Er klang betrunken. „Otto, ich habe dir erklärt, wie unser Verhältnis aussieht“, sagte ich streng. „Ja, aber ich dachte, ich hätte einen besonderen Platz in Ihrem Leben!“ Ich holte Luft um etwas zu sagen, doch da redete er schon weiter, diesmal in einem ganz anderen Ton. „Was glaubst du, wer du bist?“, zischelte er, so dass man förmlich die fliegende Spucke hören konnte. Jetzt duzte der mich auch noch! „Fährst einfach weg und lässt mich alleine sitzen …“ So kannte ich Otto nicht. „Otto, ich werde jetzt auflegen“, erklärte ich ruhig. Mit einem Betrunkenen zu diskutieren hat keinen Sinn. „Wir reden darüber, wenn ich wieder in Wien bin. Gute Nacht.“ Ich legte auf. Du liebe Zeit, was war denn mit dem los?
Zwanzig Minuten später rief er schon wieder an. „Du blöde Alte!“, lallte er, „Schwing deinen Hintern nach Wien!“ Dann begann er zu brüllen und beschimpfte mich aufs Ordinärste. Ich bewahrte Ruhe, legte auf und drehte mein Telefon einfach ab. Als ich es am nächsten Tag wieder einschaltete, warteten bereits vier Nachrichten von Otto: Gebrüll, Geheul, Vorwürfe, Beschimpfungen. Irgendwann musste er eingeschlafen sein. „Achtung“, warnte mich Mortimer, der sich die Nachrichten angehört hatte. „Das könnte unangenehm werden.“ Ich winkte ab. „Der war nur betrunken. Wetten, wenn ich ihn wiedersehe, ist er lammfromm?“ Mortimer wiegte zweifelnd den Kopf. „Abwarten“, sagte er nur.
In Wien erwartete mich ein zerknirschter Otto vor der Wohnungstür. „Ich möchte mich entschuldigen“, erklärte er und zwirbelte verlegen einen Blumenstrauß zwischen seinen Händen. Mortimer ging kopfschüttelnd an ihm vorbei. „Du kommst heute Abend wieder“, herrschte ich ihn an, „bis dahin überlege ich, was ich mit dir mache.“ – „Ja, Gräfin“, murmelte er und zog ab. Um sechs Uhr abends läutete es an der Tür. Ich erwartete Otto mit der Peitsche in der Hand. „Du rutschst auf den Knien von der Wohnungstür bis zu mir und entschuldigst dich!“, schnauzte ich ihn an. Er robbte gehorsam zu mir und küsste meine Schuhe. Dann las ich ihm noch einmal die Leviten. Ich erklärte ihm die Stellung eines Haussklaven, und wie er sich seiner Herrin gegenüber zu benehmen hätte. Wie die Regeln lauteten. Welche Grenzen er übertreten hatte. Welchen Schaden er damit angerichtet hatte. Schließlich erklärte ich: „Wenn noch ein einziges Mal so ein Anruf kommt, darfst du nie wieder zu mir!“ Otto nickte ergeben, gestand, dass er acht Flaschen Bier intus gehabt hätte und jetzt vor Peinlichkeit vergehe. „Wissen Sie, Gräfin, ich soll ja nichts trinken“, erklärte er treuherzig. „Jetzt weiß ich auch, warum“, versetzte ich trocken. „Ich verbiete dir ein für alle Mal, Alkohol zu trinken. Hast du verstanden? Und jetzt ab mit dir.“ Otto trollte sich, nicht, ohne mir vom Treppenabsatz noch einen dankbaren Blick zuzuwerfen.
Zwei Stunden später läutete mein Telefon. „Du dreckige Schlampe“, röhrte Otto am anderen Ende der Leitung, „Du glaubst, du bist hier die Königin, was? Kannst mir Befehle erteilen, wie? Na warte. Du gehörst nackt durch die Stadt getrieben, du Nutte!“

 

52. Otto, der Stalker

 

Aus Otto, dem gehorsamen Sklaven, der darum gebettelt hatte, bei mir niedere Dienste verrichten zu dürfen, wurde ein Stalker, der nur noch ein Ziel verfolgte: mich. Er stand stundenlang vor meiner Haustüre oder passte mich vor dem Büro ab. Er stellte sich vors Studio und beschimpfte meine Gäste, die er zum Teil kannte. Otto hatte ja eine Vertrauensstellung bei mir genossen und Sessions mit bestritten. Als er begann, mir sogar im Treppenhaus aufzulauern, traute ich mich nicht mehr alleine mein Wohnhaus zu betreten. Wann auch immer er konnte, holte Mortimer mich ab und versuchte dabei Otto zu ignorieren. „Das ist das Beste, irgendwann gibt er auf“, war er überzeugt. Otto starrte uns böse an und schickte uns unflätige Bemerkungen hinterher. Dann begann er zu jeder Tages- und Nachtzeit anzurufen, dummerweise auf meinem Studiotelefon. Hier musste ich immer abheben, es konnte sich ja um einen Kunden handeln, der mit unterdrückter Nummer anrief. Meist war Otto betrunken, kündigte an, wo er mir als nächstes auflauern und was er mir antun würde. Gespenstisch war, dass er immer wusste, wer gerade bei mir war, sogar, was ich trug. Ich war mit den Nerven am Ende. Aber was sollte ich tun? Ich konnte doch schlecht in die nächste Polizeiwachstube schneien und erklären: „Guten Tag, mein Haussklave ist durchgedreht.“ Otto hätte zudem alles umkehren und seinerseits behaupten können, ich hätte ihn seelisch abhängig gemacht und außerdem mit Fesselspielen gequält. Dann wäre ich plötzlich die Böse gewesen!
Eines Morgens trat ich aus meinem Wohnhaus und bemerkte haufenweise Blätter Papier auf dem Gehsteig. Es war eines meiner ganzseitigen Inserate in einem S/M-Magazin. Auf dem Foto war ich, in Domina-Montur auf meinem Thron sitzend, zu sehen, darunter stand: „Contessa Juliette, BizarrEscort International“. Das Inserat war hundertfach kopiert worden, die Zettel bedeckten den Gehsteig vor mehreren Häusern, dutzende hatte der Wind bereits durch die Gasse geweht. In Panik rannte ich auf der Straße hin und her und sammelte die Blätter auf. Zum Glück war es noch früh und ich hatte Hoffnung, dass nur wenige meiner Nachbarn diese gewaltsame Lüftung meines Inkognito mitbekommen hatten. Doch dann fiel mir ein, dass Otto ja auch wusste, wo mein Büro lag. Böses ahnend fuhr ich sofort hin. Auf dem Gehsteig, im Treppenhaus, am Fußabstreifer vor der Eingangstüre lagen noch mehr „Contessa Juliette“Zettel. Wenn jetzt ein Geschäftspartner käme! In Windeseile sammelte ich die Blätter auf, sprang ins Auto und fuhr, inzwischen in heller Panik, weiter zu meinem Studio.Dort bot sich ein Bild wie aus einem schlechten Film: Hunderte Kopien flatterten im Wind umher. Der Gehsteig vor dem ganzen Block und die Fahrbahn waren übersät mit den Blättern, die mich, die seriöse Geschäftsfrau, die freundlich grüßende Nachbarin, in siegreicher Pose auf meinem Thron zeigten. Im Treppenhaus pflasterten hunderte weitere Zettel den Weg bis hinauf zur Eingangstür im ersten Stock. Ich betete, dass noch niemand die Bescherung gesehen hatte und raffte die Blätter zusammen. Schön langsam taten mir die Arme weh, ich wurde kurzatmig, mit letzter Kraft schleppte ich mich ins Studio und setzte mich ins Wohnzimmer. Als ich wieder einigermaßen Atem holen konnte, setzte die Wut ein. Wenn ich diesen Irren in diesem Moment zwischen die Finger bekommen hätte – ich hätte ihn womöglich umgebracht. Meine Angst schlug in Hass um. Er wollte Krieg? Den konnte er haben. Allerdings, so schwor ich mir, würde ich Otto im Rahmen des Gesetzes drankriegen. Doch während ich Pläne schmiedete, wie ich Zeugen finden könnte, die bestätigen konnten, dass er mir mit Mord drohte, schlich sich eine andere Frage in meinen Kopf: Was hatte ich nur angestellt, dass mir so etwas passierte?
Einige Tage später meldeten sich kurz hintereinander drei Bekannte aus der S/M-Szene: Otto habe ihnen Gewalt angedroht, wenn sie nicht dafür sorgten, dass ich ihn wieder zurücknehme. „Unternimm etwas!“, beschworen sie mich. Da endlich fand ich den Mut, zur Polizei zu gehen. Gerade, als ich zum Kommissariat aufbrechen wollte, rief mich eine Bekannte an: Domina Anna, eine resolute Herrin mit viel Erfahrung. „Lass mich raten“, seufzte ich erschöpft, „Otto hat sich gemeldet.“ – „Korrekt“, sagte Anna mit ihrer kraftvollen Stimme. „Er hat gedroht, mich abzustechen. Ich zeige dieses Schwein jetzt an. Kommst du mit?“ Der Besuch bei der Polizei wurde für uns beide zur herben Enttäuschung. „Da kömma nix machen, meine Damen“, erklärte der Inspektor. „Wenn Sie keine Zeugen haben, die mitbekommen, wie er Sie mit Mord bedroht, dann steht Aussage gegen Aussage.“ – „Und die Zettel auf der Straße?“, fragte ich fassungslos. „Das fällt nicht unter gefährliche Drohung.“ Erst Jahre später sollte ein Gesetz verabschiedet werden, das Stalking unter Strafe stellte. Doch im Augenblick war ich den Verfolgungen dieses Irren ausgeliefert.
Wochen, Monate zogen ins Land. Ottos Verfolgungen legten sich über mein Leben wie ein kalter Schatten. Meine Nerven erodierten unter dem Druck. Mortimer versuchte mich zu beschützen, wo es ging, doch er musste auch arbeiten und ein paar Stunden Schlaf pro Nacht bekommen. Mein Kopf fühlte sich an, als wäre er in eine eiserne Klammer gesperrt worden. Zwischendurch versuchte ich, mein Leben so normal wie möglich weiterzuführen. Ich musste ja Geld verdienen, und das Studio aufgeben, dazu konnte ich mich trotz des Terrors nicht überwinden. Otto hatte ja leider viele Telefonnummern anderer, mir bekannter Dominas. Unter anderem meldete er sich bei meiner Freundin Yadi Pearl, die als „Herrin Ramona“ in meinem Studio gearbeitet hatte. Sie lebte inzwischen in Tirol und führte dort ein kleines Hotel mit Swingerclub. Otto bombardierte sie mit Anrufen und drohte, er würde ihr Haus in Brand stecken. Da war er aber an die Falsche geraten: Yadi Pearl fuhr zur Polizei, während Otto weiterhin anrief – die Beamten konnten die Drohungen am Telefon live mithören.
Otto wurde angezeigt und in einem ersten Prozess zu einer bedingten Haftstrafe verurteilt. Das hielt ihn jedoch nicht davon ab, mich und meine Bekannten weiter zu verfolgen. Er entwickelte detektivisches Geschick und brachte eine entfernte Bekannte aus Süddeutschland sogar dazu, ihm meine private Mobiltelefonnummer und – noch schlimmer – meinen geheimen Festnetzanschluss zu geben. Als ich seine Stimme auf meinem Privatanschluss hörte, wurde mir schwarz vor Augen. Tag und Nacht läutete es nun abwechselnd auf allen Telefonnummern. Ich zögerte, meine Nummern zu ändern, gab aber bald auf – ich durfte ja nicht so schnell damit rechnen, dass dieser Wahnsinnige seine Aktionen einstellte. Zähneknirschend beantragte ich neue Telefonnummern und informierte meine sämtlichen, weltweiten Kontakte.
Inzwischen lauerte mir Otto wieder vor meinem Haus auf. „Ich mach dich fertig, ich bring dich um“, zischte er. Dass ich zwei Begleiter hatte, die diese Drohung hörten, schien ihn nicht zu stören. Mir ermöglichte es jedoch, die nächste Anzeige selbst zu erstatten. Der Prozess sorgte für Heiterkeit im Gerichtssaal: „Angeklagter, was haben Sie bei der Zeugin gemacht?“ „Ich war ihr Putzsklave, ich habe nackt bei ihr geputzt.“ Grinsen bei allen Anwesenden. „Und, wurden Sie dafür bezahlt?“ „Nein, natürlich nicht! Ich selbst musste auch nichts bezahlen. Ich liebe die Contessa.“ „Wer ist denn die Contessa?“ Otto gab sich reuig und erklärte, er habe nun eine Entziehungskur begonnen. Wieder wurde er nur zu einer bedingten Haftstrafe verurteilt, die er lächelnd annahm. Und bereits am nächsten Tag wieder bei mir anrief: „Glaub ja nicht, dass du mich los wirst. Ich erwisch‘ dich schon noch, du Schlampe.“

 

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